Das ICH, das WIR und das ES

In ihrem Aufsatz "Das Thema als Mittelpunkt interaktioneller Gruppen" postuliert Cohn drei Faktoren, die in jeder Gruppeninteraktion vorhanden sind:

  1. das  ICH, die Persönlichkeit

  2. das  WIR, die Gruppe

  3. das  ES, das Thema

Die drei Faktoren könne "man sich bildlich als Eckpunkte eines Dreiecks vorstellen", umgeben von "Zeit, Ort und den historischen, sozialen und teleologischen Gegebenheiten. ... Die thematisch-interaktionelle Methode befaßt sich mit den Beziehungen der 'Dreieickspunkte' zueinander" und deren Beziehung zur 'Umgebung'.

Der Gruppenleiter/Lehrer hat nun die Aufgabe, die Dreieckspunkte in einer relativen "dynamischen Ausgeglichenheit" in balance zu halten. Dabei pendelt die Gruppe zwischen den Dreieckspunkten hin und her: in der Ecke des 'ES' droht die Gefahr der sachlichen, aber unlebendigen 'Schulatmosphäre', in der des 'WIR' daß das Thema in den Hintergrund gerät und gruppendynamische Prozesse zum Gegenstand der Interaktion werden und in der Ecke des 'ICH' schließlich, daß die Gruppe zur Therapiegruppe wird. Analog dazu beschreibt Cohn die entstehende Situation für die 'ES-Ecke' als 'akademisch', in Bezug auf die 'ICH-Ecke' als 'psychologisch' und als 'gruppentherapeutisch' bezogen auf das 'WIR'.

Cohn streicht besonders heraus, daß die 'Technik' eben nur eine Seite dieser Methode sei, mindestens ebenso wichtig sei "Persönlichkeit und Fähigkeit des Gruppenleiters", denn keine noch so gute Technik könne Toleranz, persönliche Wärme und eine grundsätzlich politive Einstellung zum Mitmenschen ersetzen. Vor allem brauche ein Gruppenleiter/Lehrer neben Erfahrungen in Gruppen "erzogene Gefühle" und eine "konstruktive Werteinstellung". Diese beiden letzten Forderungen meinen, daß ein Gruppenleiter/Lehrer nicht Gefangener seiner eigenen unbewußten und unreflektierten Gefühle und emotionellen Handlungsstrategien, sowie seiner verinnerlichten Normen und Werteinstellungen und -haltungen sein sollte; im Idealfall darf er seine Handlungsfähigkeit durch von Teilnehmern ausgedrückten Gefühlen und Werthaltungen nicht verlieren.